Bei der Atemtherapie (auch Pneotherapie oder Atempflege genannt) soll eine bewusste Wahrnehmung der Atmung zu einer verbesserten Atemfunktion und somit zu einer besseren Versorgung des Körpers mit Sauerstoff führen.
Herkunft
Atemtherapie und Atemschulung waren schon immer ein wichtiger Bestandteil vieler östlicher und westlicher Heilverfahren. So lehrten zum Beispiel bereits vor 2000 Jahren Pneumaschulen in Vorderasien und Griechenland das bewusste Atmen. Auch die indischen Yoga- und Meditationstechniken haben ihren Ursprung in Atemübungen, die zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Gesundheit angewendet wurden.
Die modernen Formen der Atemtherapie in den westlichen Ländern gehen vor allem auf den niederländischen Sänger und Psychologen Cornelis Veening (1885-1974) sowie auf den deutschen Arzt und Politiker Johannes Ludwig Schmitt (1896-1963) zurück. Die von ihnen erarbeiteten Grundlagen der Atemtherapie wurden von zahlreichen Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Schwerpunkten weiterentwickelt. Dazu gehören zum Beispiel die deutsche Gymnastiklehrerin Ilse Middendorf (1910-2009), eine Schülerin von Cornelis Veening, Volkmar Glaser (1912-1997), ein Schüler von Schmitt, und die Schweizerin Klara Wolf (1909-2006).
Buchtipp: „Breath“ von James Nestor. James verbindet in diesem Buch traditionelles Wissen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Die Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie (SÄPT) weist auf «holotropes Atmen» als Alternative zur Psychedelika-Sitzung hin. Stanislav und Christina Grof haben diese Methode in den 1970er-Jahren entwickelt – inspiriert durch die LSD-assistierte Therapie und als Reaktion auf deren Verbot.
Das holotrope Atmen löst erweiterte Bewusstseinszustände aus. Hierfür wird eine beschleunigte Atmung mit Musik und Körperarbeit kombiniert. Das rasche Atmen lässt das Kohlenstoffdioxid im Gehirn abfallen, was zum beabsichtigten Rauschzustand führt.
Die Atemtherapie unterscheidet sich von einer Substanz-Erfahrung, insbesondere durch die sanftere Bewusstseinserweiterung. «Man wird nicht so schnell über innere Grenzen hinweggetragen. Diese Barriere kann frustrierend sein. Sie dient aber auch als Schutzmechanismus und erleichtert die Integration des Erfahrenen massgeblich.»
Mangels Studien fehlt es noch an wissenschaftlicher Evidenz für den Effekt auf psychische Erkrankungen. Trotzdem, so die Therapeutin, würden Psychiaterinnen und Psychiater ihnen Kursteilnehmende vermitteln. Mindestens die Hälfte der Interessentinnen und Interessenten bringt eine Geschichte psychischer Leiden mit: Depression, Burnout oder Angst- und Panikstörungen.
Straub ist überzeugt, dass das holotrope Atmen einen Zugang zu Traumata schaffen kann – vornehmlich dort, wo die Gesprächstherapie an ihre Grenzen stösst. Auch der Psychiater und Neurowissenschaftler Gregor Hasler betont, dass holotropes Atmen therapeutisch durchaus interessant sei und in der zukünftigen Forschung eine grössere Rolle spielen sollte.
Weitere Links zu Wissenschaftlichen Forschungen über Breathwork / Atemtherapien:
- Promoting Mental Health and Psychological Thriving in University Students: A Randomized Controlled Trial of Three Well-Being Interventions
(Yale University, New Haven, CT, USA, / Stanford University, Stanford, CA, USA / Leipzig University, Leipzig, Germany / University of Cambridge, Cambridge, UK)
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyt.2020.00590/full - Psykia Institute partners with Johns Hopkins School of Medicine and the Flow Genome Project to launch the broadest-ever observational study of breathwork.
https://www.psykia.org/jhu-breathwork-study - Holotropic Breathwork: the potential role of a prolonged, voluntary hyperventilation procedure as an adjunct to psychotherapy
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17931070/ - Voluntary hyperventilation in the treatment of panic disorder–functions of hyperventilation, their implications for breathing training, and recommendations for standardization
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15792851/